Historischer Überblick
Das Schloss Erbhof Thedinghausen ist ein alter Herrensitz der Weserrenaissance aus dem Jahre 1620, welcher zu den herausragenden Sehenswürdigkeiten im Landkreis Verden zählt.
Erstmals wird der Erbhof in einer Urkunde des Jahre 1246 erwähnt. Damals hatte dort ein Ritter namens Arnold Corlehake seinen Sitz. Ein Nachfolger dieses Corlehake wurde Burgmann auf der ersten Thedinghäuser Burg, die um 1285 vom Bremer Erzbischof Giselbert gegründet wurde.
Um 1600 war Heinrich Corlehake Hermeling Besitzer des Erbhofes. Er war mit der Tochter des braunschweigisch-lüneburgischen Rates Jürgen von Heimbruch aus Varste verheiratet. Sie hieß Gertrud von Heimbruch - und sie war es, die später den Anstoß zum Bau des prächtigen Erbhof-Gebäudes gab. Und das kam so:
In den Maientagen des Jahres 1612 übernachtete der Bremer Erzbischof Johann Friedrich (1579-1634) als Gast auf dem Erbhof. Er war Kirchenfürst des Erzbistums Bremen und gleichzeitig Landesherr des Erzstiftes Bremen, dessen Gebiet von der Unterweser bis zur Unterelbe reichte. Zu seiner Herrschaft gehörte auch das Amt Thedinghausen.
Da sich die Räume der Thedinghäuser Burg zu der Zeit in einem wenig einladenden Zustand befanden, quartierte sich der Erzbischof im Hause des Heinrich Corlehake Hermeling ein. Hier lernte er Gertrud von Hermeling-Heimbruch kennen, die junge Ehefrau seines Gastgebers. Der weltoffene, kunstsinnige und galante Kirchenfürst war von der bezaubernden Erscheinung seiner jungen Gastgeberin so hingerissen, dass ihn eine große Zuneigung zu dieser schönen und klugen Frau ergriff. Der Erzbischof war zweiunddreißig Jahre alt und damit fast zehn Jahre jünger als Gertruds Mann.
Im Jahre 1613 ließ sich der mächtige Erzbischof Johann Friedrich den Erbhof schenken und ernannte im Gegenzug den bisherigen Eigentümer Heinrich Corlehake Hermeling, den Ehemann der von ihm verehrten Frau Gertrud, zum Drosten (Landrat) der beiden Ämter Thedinghausen und Langwedel.
Schon ein Jahr später, 1614, starb Drost Hermeling. Nun stand der Liebe zwischen Johann Friedrich und der jungen Witwe nichts mehr im Wege. Der Kirchenfürst kam jetzt häufig für zwei, drei, ja sogar fünf Wochen zu Besuch auf den Erbhof nach Thedinghausen.
In den Jahren 1619/21 ließ Johann Friedrich ein neues Wohngebäude auf dem Erbhof im Stil der ausklingenden Weserrenaissance errichten. Es sollte eine Residenz sein und gleichzeitig ein Anwesen, das den Ansprüchen und dem Ansehen seiner Geliebten genügte.
Mitten in den Bauarbeiten, am 16. März 1620, starb plötzlich Gertrud von Heimbruch. Der Erzbischof änderte seine Pläne: Statt eines Gebäudes im Stil eines ländlichen Herrenhauses wollte er jetzt einen repräsentativen Bau und eine fürstliche Residenz für sich als den Landesherrn. Er ließ nun neben dem Treppenturm zwei Utluchten (große, vom Boden her aufsteigende Erker) setzen, die er reich mit Ornamenten, Säulen, Friesen, Kartuschen und Medaillons verzieren ließ. So erhielt die Fassade die imposante, symmetrische, dreifach gegliederte Form, wie sie heute jeden Besucher in ihren Bann zieht.
Im Jahr 1621, gleich nach der Fertigstellung, schenkte der Erzbischof den Erbhof seinem Sohn Friedrich (bei dessen Tod seiner Tochter Christine), die beide aus einer Liebesbeziehung des Erzbischofs mit der bürgerlichen Anna Dobbel aus Bremervörde hervorgegangen waren. Christine von Holstein, die nach dem Tod ihres Bruders Eigentümerin geworden war, verkaufte den Erbhof 1649 an den schwedischen Grafen Arwed von Wittenberg. Der starb im Jahre 1657. Seine Tochter, die junge Gräfin Marianne Margarethe von Wittenberg, wurde nun Eigentümerin. Deren Vormünder verkauften den Hof 1681 für 11.000 Reichstaler an den schwedischen Drosten in Verden, Thomas von Gerstenberg.
Dessen Sohn und Nachfolger, Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, war mit Katharina von Klencke aus dem Hause Donnerstedt verheiratet. Die älteste Tochter der beiden, Metta Beate, verheiratet mit dem Landrat Karl-Ludwig von Meihern, erbte den Hof. Dieser fiel wegen Kinderlosigkeit später an die mit ihnen verwandte Familie von Ompteda. Im Jahre 1785 geriet der Erbhof in Konkurs und erneut im Jahre 1813.
In einer öffentlichen Versteigerung im Jahr 1829 kam der Erbhof in die Hand des Celler Hausvogtes (Amtmannes) Christian Lüders. In dessen Familie vererbte er sich weiter bis in die heutige Zeit. Durch die Heirat von erbberechtigten Töchtern hießen die folgenden Besitzergenerationen Lillie und Kriete. In der Zeit von 1885 bis 1935 bewirtschaftete Theo Lillie den Erbhof. Er hatte auch großen Einfluss in der Thedinghäuser Lokalpolitik, man nannte ihn im Volksmund den „Herzog von Thänhusen“.
Schließlich wurde der Tochter Louise Lillie das Anwesen vererbt. Sie heiratete im Jahre 1921 den Bankdirektor Henrich Kriete. Der älteste Sohn Edmund Kriete übernahm das landwirtschaftliche Anwesen nach dem 2. Weltkrieg und es blieb bis zum Jahr 1998 in den Händen der Familie Kriete. Durch den Konkurs der Firma Thomas Kriete „Transporte - Baustoffe – Erdarbeiten – Vermietung“ geriet auch der Erbhof in die Konkursmesse. Bei der Versteigerung im Jahr 1998 erwarb die Hauptgläubigerin, die Kreissparkasse Verden, den Erbhof. Sie verkaufte ihn weiter an die Samtgemeinde Thedinghausen, die seit dem 1. Januar 1999 Eigentümerin dieses kulturhistorisch einmaligen Gebäudes ist.
Im August 2000 hat sich der Verein „Förderkreis Erbhof zu Thedinghausen e.V.“ gegründet, mit der Zielsetzung, dieses kulturelle Erbe langfristig zu erhalten.
In den Jahren 2011 bis 2014 fanden umfangreiche Baumaßnahmen im Schloss Erbhof statt. Nach Abschluss der Bautätigkeiten und der offiziellen Einweihung des Renaissancesaales im April 2014 ist das Schloss Erbhof nun wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Der neu eingebaute, feuersichere Fahrstuhl ermöglicht außerdem eine barrierefreie Besichtigung des Renaissancesaales.
Wenn Sie Näheres über das Schloss Erbhof erfahren möchten, haben wir unter folgendem Link Literaturnachweise für Sie: Literaturnachweise